Punkte sammeln bei Gott?!
Gerade habe ich einen Film über Liebe in der jüdischen Kultur angeschaut. Der Film zeigte unter anderem, wie wichtig es für orthodoxe Juden ist, zu beten, dass sie ihren von Gott bestimmten Partner finden. Ihr könnt euch sicher denken, dass mich das sofort wieder auf unsere Gedankenreise geschickt hat.
Ist Gebet nicht ganz oft eine Leistung, die wir erbringen?
Und ein Versuch uns eine Gebetserhörung zu verdienen?
Ich kann mich gut erinnern an einen Einsatz des Prophetischen Teams. Damals erzählte ein Gemeindeleiter über eine Neuerung bei ihnen im Team. Er und alle angestellten Mitarbeiter waren angehalten, während der Arbeitszeit 2 Stunden zu beten. Ich war total fasziniert und, ihr könnt es euch sicher denken, auch hochmotiviert. Da ich damals selbstständig war und mir meine Zeit einteilen konnte, wollte ich direkt am Montag danach beginnen. Schon der erste Tag wurde zur Tortur. Nach ca. 10 Minuten war ich so desillusioniert, wie man bei solch einem Vorhaben nur sein kann. In den darauf folgenden Tagen habe ich alle Varianten versucht. Am Stück, in 10-Minuten-Scheiben über den Tag verteilt, am Morgen eine Stunde und am Abend eine Stunde, …. Am Ende habe ich keine komplett durchgehalten. Es war wie früher im Sportunterricht. Die 60 Minuten auf der Aschenbahn im Dauerlauf waren für mich einfach nicht zu schaffen. Ich habe entweder zeitlich nicht durchgehalten, oder ich hatte am Ende zu wenig Runden geschafft. Und wenn ich darüber nachdenke, ging es mir bei den 2 Stunden beten nicht um Zeit mit Gott, um Reden mit Gott. Nein, es ging darum, dass ich etwas schaffen wollte.
Ich möchte damit natürlich nicht die Gemeinde kritisieren oder ihnen irgendwelche Motive unterstellen. Ich will euch nur erzählen, wie sehr mich das Ganze motiviert hat und was mein Herz daraus gemacht hat.
„Wer bittet dem wird gegeben, wer sucht der wird finden, wer anklopft, dem wird aufgetan.“ Die Bibel
Ich hab nie zu denen gehört, die lange und viel für etwas gebetet haben. Dafür fehlt mir Ausdauer. Ich bin eher der impulsive Typ. «Oh, dieser Kaffee ist lecker. Mit welcher Kaffeemaschine ist der gemacht? Die brauch ich ….» Nach spätestens zwei Monaten ist der Kaffee für mich nicht mehr so wahnsinnig lecker und ich möchte eine Saftpresse.
Aber was mir bei disziplinierteren Menschen auffällt, ist eine Art Bestechungsversuch von Gott. Es muss an dieser Stelle gesagt werden, ich würde diesen sicherlich auch versuchen, hätte ich das nötig Durchhaltevermögen.
Aber ich frage mich, ob wir da nicht einem Irrglauben aufsitzen.
Wenn ich lang genug, inbrünstig genug und leidenschaftlich genug bete, dann muss Gott hören. Dann muss er handeln. Meistens begründen wir das dann noch mit dem Gleichnis der bittenden Witwe (Lukas 18, 1-8).
Ich habe manchmal das Gefühl, es geht uns ums Payback-/Cumuluspunkte sammeln. Wenn man genug hat, kann man sie einlösen. Kann man sich bei Gott wirklich Gebetserhörungen verdienen?
Vor einigen Wochen habe ich eine spannende Predigt gehört. Es ging darum, dass Gott manchmal Hindernisse einbaut in unseren Weg, damit wir rausfinden können, ob wir etwas wirklich wollen. Das war ein schöner Gedanke und hat mich mit manchen Schwierigkeiten, die sich mir in den Weg stellen, versöhnt.
Ist die Kaffeemaschine hier in meiner Kaufhausfiliale nicht mehr verfügbar und die letzten nur noch in St. Gallen zu haben, merke ich schnell, wie sehr ich diese Kaffeemaschine wirklich will. Denn es wäre ein Aufwand von über 2 Stunden, sie zu besorgen. Vielleicht schmeckt der Kaffee dann doch nicht mehr so gut :-).
Welchen Preis bin ich bereit, für eine Sache zu bezahlen?
Und beim Gebet gilt für mich dasselbe. Ist mir eine Sache, ein Mensch, ein Thema wichtig, werde ich bereit sein, länger oder immer wieder mit Gott darüber zu reden. Wie bei einer Freundin, die eine schwere Zeit hat, und ich immer und immer wieder an sie denken muss. Wenn ich diese unzähligen Gedanken, Seufzer, Bauchschmerzen, Unruhegefühle zusammenzähle, komme ich wahrscheinlich auf mehr als 2 Stunden.
Vielleicht, weil mein ganzes Herz dabei ist aus Liebe und nicht nur der Teil von mir, der es gerne schaffen möchte?
Was meinst Du dazu? Lass es mich wissen …!
Hi Chrissi,
Ja dieses Leistungsdenken verfolgt uns bis ins Gebet….
Wenn Gott sagt „Suchet mein Angesicht“ dann aus dem Grund nicht weil er das braucht , sondern wir. Es geht Ihm um Beziehung, um das Sein mit Ihm zu aller erst. Genau das fällt uns in unserer „to do“ Gesellschaft so schwer.
Ich bin das auch immer wieder am lernen, einfach nur bewusst in seiner Gegenwart zu sein.
Wenn in der Bibel steht „suchet so werdet ihr finden …“ oder das Gleichnis der bittende Witte, dann sollte man es vielleicht aus dem Blickwinkel Gottes sehen. Der Gott der Liebe der nicht anders kann als zu geben, uns finden zu lassen uns zu öffnen, Alles aus der Motivation der Liebe und Beziehung und Liebe und nicht des Punkte Sammelns oder der Leistung.
Sicherlich hab ich noch mehr Gedanken dazu aber erstmal so weit. ?
Liebe Andrea, Danke für deinen Kommentar! Ja das stimmt, ich finde auch, es geht um diese Beziehung. Um Herzaustausch mit Gott. Du hast so recht. Leider packen wir sogar dieses „bewusst in Gottes Gegenwart sein“ auf unsere Liste von Dingen, die wir noch tun wollen/sollen. Wie schön wäre es, wenn wir mehr Zeit mit Gott verbringen würden, weil wir Lust dazu haben und nicht weil es gut wäre. Das würde wahrscheinlich unseren Herzen und seinem Herz so viel mehr geben. LG Chrissi