Diskriminierung?!
In der Schweiz findet in Kürze eine Abstimmung statt, die unter uns Christen für viel Diskussion sorgt. Es geht um die Ausweitung der Anti-Rassismus-Strafnorm, oder anders formuliert, um das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.
Gestern war ich Teil eines Gesprächs über diese Abstimmung. Es dauerte nicht lange dann fiel der Satz: «Ja, aber die Bibel nennt es Gräuel.» Es ging ihm um schwul und lesbisch sein.
Ich möchte ganz zu Beginn etwas klarstellen. In diesem Blogpost geht es mir nicht darum, euch zu erzählen auf welcher Seite ich bei der Diskussion stehe, ob Homosexualität Sünde ist oder nicht. Vielmehr will ich euch an ein paar Gedanken teilhaben lassen, die ich mir mache, wenn ich Teil solcher Gespräche bin.
«Wie fühlen sich Schwule und Lesben, wenn wir Christen so etwas sagen?», das ist zum Beispiel eine der Fragen, die mir durch den Kopf geht. Aber ich stelle mir diese Frage auch bei anderen Gesprächen. Zum Beispiel, wenn wir über Evangelisation reden. Ich habe so oft das Gefühl, dass wir von oben herab eine vermeintliche Wahrheit bringen wollen. Wir denken: Wir haben es verstanden und wollen die anderen retten. Könnte es sein, dass wir damit unserer Ideologie nachjagen und dabei den Blick für die Menschen, um die es geht, verlieren?
Weil wir theologisch richtig sein wollen, erkennen wir nicht, dass es um Menschen mit einem Herz geht.
Würde es uns nicht verletzten, wenn das, was wir tun, als Gräuel betitelt würde? Würden wir uns wohl fühlen, wenn andere nur Interesse an uns hätten, weil sie uns retten wollen?
Während ich das schreibe kann ich die Gegenargumente schon hören: «Ja, aber Gott nennt es ja Gräuel» und «Aber sie sind ja verloren und brauchen Rettung».
Das ist möglich, aber egal, ob das so stimmt oder nicht, das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist: Was ist meine Haltung und meine Einstellung zu diesem Menschen? Wie begegne ich ihm?
Ich befürchte wir Christen sind diskriminierend. Unser Verständnis der Bibel und unsere daraus folgenden Taten bringen uns dazu.
Wikipedia definiert: «Diskriminierung bezeichnet eine Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen nach Massgabe bestimmter Wertvorstellungen oder aufgrund unreflektierter, z. T. auch unbewusster Einstellungen, Vorurteile oder emotionaler Assoziationen.»
Andere Definitionen erwähnen auch Ausgrenzung und das Meiden von Personen.
Mir kommt das leider sehr bekannt vor.
Vieles, was ich in der Bibel lese, lässt mich mit Fragen zurück, wie zum Beispiel die Stellen, die zitiert werden, wenn es um Homosexualität geht. Ich habe keine Antwort und scheue mich davor, mich klar auf eine Seite zu stellen bei der Gräuel-Frage. Im Zweifelsfall bin ich PRO-Mensch!
Aber worüber ich mir sicher bin, ist, dass das Ziel der Bibel niemals Ausgrenzung, Herabwürdigung und Benachteiligung sein darf!
Solange unser Verständnis der Bibel Verurteilung und Ausgrenzung als Frucht hat, kann etwas nicht stimmen. Und solange Bibelstellen benutzt werden, um andere zum Schweigen zu bringen oder zur Veränderung zu zwingen, läuft etwas falsch.
Ich kenne Christen, die Angst haben sich zu verunreinigen, wenn sie mit Schwulen oder Lesben zu tun haben.
Ich weiss von christlichen Familien, die auseinandergebrochen sind, weil sich ein Kind geoutet hat.
Und ich habe eine Freundin, die gerne Seelsorge in Anspruch nehmen würde, macht es aber nicht, weil sie sich fürchtet zu sagen, dass sie in einer Beziehung ist mit einer Frau.
Ich glaube, solange Menschen sich nicht trauen ehrlich zu uns zu sein, solange wir Berührungsängste haben oder wir denken, wir sind besser als andere, sind wir diskriminierend.
Es gibt so viele, die wir meiden, abstempeln oder von vorne herein wissen, was das Problem bei ihnen ist. Menschen, die Pornographie konsumieren, Ehepaare die sich trennen oder getrennt haben, Menschen die Drogen nehmen, Pärchen, die unverheiratet zusammenwohnen, ….
Und damit ihr mich wirklich nicht falsch versteht. Ich nehme mich da keinesfalls raus. Auch ich habe meine Gruppen von Menschen, die mir unangenehm sind und die ich meide.
Bin ich aber mal ganz ehrlich zu mir, liegt dem immer Angst zugrunde.
Ich fürchte mich aus unterschiedlichen Gründen. Ich fürchte, etwas Negativem ausgeliefert oder dem gegenüber ohnmächtig zu sein, ich fürchte, von etwas kontrolliert zu werden, ich fürchte, Gott und seine Werte zu verraten oder etwas falsch zu machen, ich fürchte auch in letzter Konsequenz nicht in den Himmel zu kommen.
Angst ist leider ein sehr schlechter Ratgeber.
Die Bibel sagt: «Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe.»
Ich muss für mich den Schluss ziehen, überall, wo mich Angst motiviert, habe ich noch nicht genug Begegnung mit der Liebe in Person gehabt. Ich sollte mich mit Jesus treffen, statt andere zu meiden. Dann findet sich ganz sicher eine Lösung.
Könnte das nicht die Lösung für die ganze Diskriminierungssache sein?
„May Your Choices Reflect Your Hopes Not Your Fears“ – Nelson Mandela
Zum Schluss möchte ich um euer Herz werben:
Aus eigenen Erfahrungen weiss ich, wie es ist, wenn man nicht in biblische und geistliche Wertvorstellungen passt und was das für Folgen haben kann.
Aus diesem Grund kann ich auch verstehen, dass eine homosexuelle Community tief verletzt ist von vielen Jahrhunderten Ausgrenzung, Ächtung, Verfolgung und Verurteilung. Und ich habe Verständnis, dass sie deshalb sehr empfindlich reagieren. Mal ehrlich, wer wäre nicht empfindlich, wenn er ständig abgelehnt wird?
Ich werbe darum, dass wir weniger darüber diskutieren, was Gott mit diesen vielen kontroversen Bibelstellen meint, und stattdessen das Wort Gottes persönlich kennenzulernen, nämlich Jesus selbst. Und ich werbe darum, dass wir uns auseinandersetzten mit dem Leid, das wir verursacht haben aufgrund unserer Angst, oder unserem unreflektierten Glauben und um Verzeihung bitten. Gott um Verzeihung bitten, weil wir ein ganz furchtbares Bild von ihm präsentieren und Menschen um Verzeihung bitten, weil wir sie tief verletzen.
Ich finde es spielt keine Rolle wie wir welche Bibelstelle verstehen. Ausgrenzen, Meiden, Herabwürdigen und Beschimpfen ist nie der richtige Weg!
Lass mich wissen, was du darüber denkst …
Ich gebe dem Lesbischen Anonymus ein Gesicht. Ich bin Lesbisch. Ich glaube das Jesus Gottes Sohn ist. Ich bin Getauft. Ich habe den Heiligen Geist empfangen. Ich ging durch das Befreiungsprogramm von Wüstenstom. Ich habe 40 Tag und 40 Nächte gefastet mit schreien und gebet. Ich wurde zu einem Exozisten gebracht. Mir wurde Weihwasser angeschüttet. Über 10 Jahre betete ich täglich mehrfach das Gott mich normal machen möge. Wir alle wünschten und das Gott mich befreien würde. Und ich bin immer noch Lesbisch. Bitte beginnt über Menschen zu reden. Über Thomas, Hans oder Cornelia.
Ich liebe meinen Vati im Himmel, Jesus den Heiligen Geist und das Evangeling von Herzen. Aber in der Kirche habe ich keinen Platz.
Ich halte mich an Davids Satz. Lieber 1 Tag an der Schwelle deines Hauses als 1000 Jahren in den Zelten der Gottlosen.
Jeder ist herzlich Willkommen mich auf der Schwelle zu besuchen.
Danke Christiane für den Mutigen Beitrag.
Liebe Cornelia,
Danke für deine Offenheit. Was du beschreibst tut mir unsagbar leid! Mir bleibt nicht mehr zu sagen, als dass du bei SEINSEIN von Herzen Willkommen bist.
Herzlich
Chrissi
Spannende Auseinndersetzungen zu diesen Themen gibt es, unter anderen, auf http://www.danieloption.ch
Herzlich, Regula
Liebe Regula,
ein kurzer Blick auf die Website hat mir gezeigt, dass es da einiges zum stöbern gibt! Danke dir….
Herzlich
Chrissi
hallo ich bin wirklich sehr froh auf dieses thema zu stossen. ich kenne persoenlich so menschen und das sind menschen aus fleisch und blut wie wir.
was nuetzt es ihnen zu sagen es waere suende? es gibt x arten von suende.
und was hat jesus gesagt ? wer ohne ist werfe den ersten stein….habe den eindruck jesus ist anders …wer weiss wie diese menschen sich fuehlen wenn man einfach nicht in das konzept reinpasst. es muss ein horror sein.
und es ist noch leichter davon zu sprechen solange man niemand kennt geschweige es niemand betrifft in der verwandtschaft.
ich teile deine meinung chrissi und bin froh dass es so menschen gibt. wie dich.
ja das evangelium ist eine botschaft der liebe und nicht der angst.
und ich ermutige dich das zu schreiben was du auf das herz bekommst. sei gesegnet su
Liebe Su,
vielen Dank für deine Ermutigung! Es freut mich, dass dich meine Gedanken so abgeholt haben.
Vorerst habe ich nicht vor mit dem schreiben aufzuhören. Von daher würde ich mich freuen wiedermal einen Kommentar von dir zu lesen :-)….
Herzlich
Chrissi
Liebe Chrissi
Ich muss gestehen: ich bin lese faul. Und zwar so richtig. Richtig richtig. Oder liegt es daran, dass mich deine Worte so inspirieren, dass ich gar nicht weit komme mit lesen weil meine eigenen Gedanken die für’s lesen benötigte Aufmerksamkeit „verschlingen“?
Manhmal frage ich mich: what would Jesus do. Today?
Wo würde man ihn antreffen?
In einer Kirche?
Oder wäre er da, wo er war? Bei den Verurteilten, den Abgelehnten?
Wenn links eine Kirche und rechts eine Gay-Bar steht, welche Tür würde er wählen?
Ich habe keine Antwort – ich frage nur.
Welches Bild von Jesus trage ich in mir? Ich, die ich dazu tendiere die Verurteiler zu verurteilen?
Verbote, Zwänge, Vorschriften. Gnade, Berührung, Annahme, der Same der der ins Herze gelegt wird und von innen Veränderung (herbei zuführen?
Ich weiss es nicht.
Ich Bin – einfach auf dem Weg – nicht irgendeinem, meinem :-)
Shalom.
Ein Gesetz kann vieles ändern, jedoch nicht die Gesinnung des Herzens.
Liebe/r Ich Bin,
danke für deinen Kommentar. Ich bin nicht sicher, was du mir mit deinem ersten Abschnitt sagen möchtest. Deshalb dachte ich, ich frag mal nach. Vielleicht hast du Lust mir da noch auf die Sprünge zu helfen….
Was ich glaube verstanden zu haben ist, dass du nicht alles gelesen hast, aber dich das was du gelesen hast zu deinen eigenen Gedanken gebracht hat. Das finde ich schön! Dafür schreibe ich.
Und ich mag die Gedanken die du mir/uns geteilt hast. Welche Tür würde Jesus wählen? Vielleicht würde er erst in die Kirche gehen, weil er weiss, dass Bars lange genug offen haben um nach dem Gottesdienst noch mitfeiern zu können? Der Gedanke kam mir gerade. Und ich finde ihn schön, weil ich auch kämpfe mit Wut auf die die urteilen. Und der Gedanke macht mein Herz wieder weiter. Gott ist Liebe! Das gilt für alle…. Egal was wir Menschen davon halten. (Seufz)
Ich wünsch dir viel Spass auf DEINEM Weg. Das finde ich schön formuliert.
Herzlich
Chrissi