Krankheitsgewinn?!

Wir alle könnten eine «Corona-Pause» brauchen, findet ihr nicht? Deshalb habe ich fieberhaft überlegt, wie ich euch ein bisschen ablenken kann. Bei diesen Überlegungen musste ich mir eingestehen, dass «Ablenken» nicht zu meinen Kompetenzen gehört :-). Aber was ich euch sicher ersparen werde, ist eine weitere Einschätzung der Lage! Ich werde euch nicht schreiben, wie ich die Krise prophetisch oder menschlich deute.

Ich werde euch wie immer teilhaben lassen an meinen Gedanken und Gefühlen. Und im Anschluss würde ich mich freuen, von euch zu hören, was ihr darüber denkt.

Ich lag am Sonntag den halben Tag im Bett und hab die Ruhe genossen. Es war so viel ruhiger als sonst. Mein Mann meinte irgendwann: «Es fühlt sich fast ein bisschen an wie Shabbat in Jerusalem, vielleicht fordert Gott seinen Shabbat ein.»

Ich weiss, diese Aussage ist biblisch nicht korrekt. Jesus macht sehr deutlich, dass nicht der Mensch für den Shabbat, sondern der Shabbat für den Menschen gemacht wurde. Aber die Richtung dieser Gedanken hat mich inspiriert.

Wart ihr schon mal an einem Shabbat in Jerusalem? Das ist eine meiner eindrücklichsten Erfahrungen, die ich bisher gemacht habe. Am Shabbat ist in den meisten Teilen der Stadt Ruhe. Keine Geschäfte offen, es fahren keine Autos, es fährt kein Tram, es sind nur ganz wenig Menschen unterwegs …

Ich mag es, wenn alles zur Ruhe kommt. Wenn es still wird. Wenn Menschen entschleunigen und es nicht wichtig ist, Leistung zu erbringen. Wenn man ganz legal den ganzen Tag nichts tun muss.

Kennt ihr den Begriff Krankheitsgewinn? Es geht um die Thematik, welchen Gewinn ich habe durch eine Krankheit. Ein Gewinn kann sein, dass ich den ganzen Tag vollkommen legal nichts tun muss. Wie lustig, dass uns eine Krankheit in die Pause schickt. Eine Krankheit zwingt uns zu entschleunigen. Wenn ich mir unsere Gesellschaft so anschaue, ist das doch eigentlich die einzige Möglichkeit, mal auszuruhen. (Neben dem Urlaub, den wir füllen müssen mit Abenteuern, Erledigungen, neuen Erfahrungen usw.)

Seid ihr auch geprägt durch die Meinung: «Nur Kranke dürfen nichts tun.»?

Leider müssen auch die schnell wieder auf die Beine kommen, damit sie wieder funktionieren können. Zumindest bisher. Seit neuestem sind wir dazu angehalten im Zweifelsfall lieber zu Hause zu bleiben. Krankheitsgewinn?

Mir ist bewusst, dass es einige Berufsgruppen gibt, die im Moment mehr zu tun haben denn je. Und auch von mir, in dieser Form, ein riesiges Dankeschön an euch alle! Wir wären verloren ohne euch!!!! Ich mag mir nicht vorstellen, was passieren würde, wenn ihr jetzt auch noch ausfallen würdet. Eins ist klar, ihr habt bei der Berufswahl das gewählt, was unsere Gesellschaft funktionstüchtig hält! Ihr seid unser Fundament.

Darüber hinaus mache ich noch ein paar andere Beobachtungen: Einige sind hilfsbereiter, andere egoistischer. Viele gehen umsichtiger mit einander um, andere rücksichtsloser denn je. Kinder sehen ihre Eltern mehr – ich nehme an das wird zeigen, wie die Beziehungen zueinander sind. Ehepaare müssen sich miteinander auseinandersetzen – ich vermute die einen werden sich lieber werden und zusammenwachsen und andere gehen, wenn das Schlimmste vorbei ist, zum Scheidungsanwalt . Die Krise zwingt uns mehr mit uns selbst in Kontakt zu sein – ich vermute auch, das kann sich in zwei Richtungen entwickeln. Leider kann man sich nicht von sich selbst scheiden lassen … Die Wirtschaft ist gezwungen, etwas zu unternehmen. Ich bin gespannt, ob zugunsten der kleinen Unternehmen oder zugunsten der grossen Unternehmen gehandelt wird. Während ich das alles aufzähle, wird mir immer deutlicher, dass die Situation in der wir uns befinden, vieles offenbar macht. Es zeigt, wie wir wirklich sind. Es deckt auf, was im normalen Alltagsgeschäft verborgen bleibt. Es zeigt, was Bestand hat, was leere Worte sind, was missbräuchlich ist, was echt ist, …

“ Wer seine Kraft bewahren und seinen Geist ausruhen lassen kann, wird Nerven wie Stahl bekommen “ – Prentice Mulford

Und jetzt noch ein kleiner Gedanke zu dem, wie wir Christen mit der Situation umgehen:  Mich irritieren die Predigten und Bibelverse zum Thema Angst ungemein. Vieles ist gut gemeint, das ist mir klar.

Aber es nützt doch nix, wenn wir nur ständig versuchen dieser Angst das Maul zu stopfen. Wenn wir versuchen, sie weg zu beten, weg zu proklamieren, wegzuweisen, uns selbst zu kasteien, damit wir die Angst nicht merken oder die angstvollen Gedanken nicht mehr hören, ….

Es gibt einen Grund für die Angst! Egal, ob die Medien übertreiben oder die Verläufe noch viel schlimmer werden als vermutet. Unsere Angst hat einen Grund!

Selbstverständlich bin ich dafür, dass wir Werkzeuge haben, damit wir nicht in blanke Panik verfallen.

Man findet online ganz viel gute Stabilisierungsübungen, macht die, wenn ihr Angstattacken habt, oder ihr immer wieder in eurem Kopf dreht und nicht rauskommt!

Aber zwischen «ich habe gelernt mich zu stabilisieren wenn ich in Panik gerate und ich helfe mir in die Realität zurück» und «ich lass meiner Seele keinen Raum und sie darf nicht sein, denn Angst ist vom Teufel» ist für mich ein riesiger Unterschied!
Ich sage es nochmal: Angst hat einen Grund!

Und ich plädiere dafür, dass wir nicht nur zu Hause bleiben in den nächsten Wochen, sondern, dass wir auch anfangen, unseren Herzen zuzuhören!

Wir haben ja Zeit! Lasst uns jeden Tag ein paar Minuten zuhören, was unser Herz zu sagen hat. Unbewertet, unbestraft, ungefiltert. Einfach zuhören! Und dann können wir unser Herz fragen, ob es einen tröstlichen Bibelvers hören möchte. Oder ob es zum Tröster in Person gehen möchte, um gehalten und geliebt zu werden!

Erlauben wir uns zu sein?

Ihr Lieben, lasst mir einen Kommentar da und erzählt mir, was euer Herz so sagt.