Wahrheit?!
Der Blogpost von letzter Woche klingt immer noch in mir nach. Es gab schriftliche und mündliche Reaktionen, die mich beschäftigt und mich mit Fragen und Gedanken zurückgelassen haben. Deshalb habe ich es getan. Ich habe gegoogelt! Erst Anbetung, Wortbedeutung und Bibelkommentare, dann die Verbindung von Gehorsam und Anbetung und das Zusammenspiel von Emotionen und Anbetung.
Und jetzt fühle ich mich schlecht. Ich habe etliche Anweisungen gelesen, wie man anbeten muss, damit man die Anbetung „in Wahrheit und im Geist“ nennen darf. Ich habe gelernt, wen man anbeten darf und wen nicht – da sind sich das Netz und die Bibelausleger nicht einig. Manche sagen, selbstverständlich biblisch begründet, man darf auf keinen Fall den Heiligen Geist anbeten. Andere sagen, man muss zwingend auch den Heiligen Geist anbeten und begründen das mit der Bibel.
Und ich habe natürlich verschiedene Theorien über das hebräische und griechische Wort Anbetung gelesen. Ich muss sagen, das war noch das eindeutigste, wobei auch das nicht eindeutig war.
Grundsätzlich scheint das Uhrtextwort, das an den meisten Stellen mit Anbetung übersetzt wurde, so was wie «sich niederwerfen« zu bedeuten.
Mein Kopf ist auf jeden Fall verwirrter als vorher, meine Gefühle spielen verrückt, weil sich jetzt alles in mir so eng und gequält anfühlt und ich bin hochgradig frustriert.
Geht es euch auch so, wenn ihr versucht der Wahrheit mit Google, Lexikon und Co auf die Spur zu kommen? Ich finde das so frustrierend, wenn man verwirrter ist als vorher.
Bisher lief mein Tag ganz gut. Ich hatte heute sogar irgendwie das Gefühl, Jesus nahe zu sein. Tja, und dann wollte ich wissen, was die Wahrheit ist. Die Wahrheit!
Ist euch auch schon aufgefallen, dass sich so gut wie jede christliche Theologie auf die Bibel beruft? Dass fast jede These, die ein Prediger oder Lehrer aufstellt begründet ist mit einer Bibelstelle? Wie das Beispiel mit der Anbetung des Heiligen Geistes, 2 gegensätzliche Aussagen, beides begründet mit der Bibel.
In mir löst das gleichzeitig zwei Gefühle aus: Ich bekomme Angst, weil es mir Sicherheit nimmt. Schliesslich weiss ich nicht mehr, was jetzt die Wahrheit ist. Und gleichzeitig macht es Sehnsucht nach Gott, weil nur er in alle Wahrheit führt.
„Everything we hear is an opinion, not a fact. Everything we see is a perspective not the truth.“- Marc Aurel
Auf die Gefahr hin, mir ein paar Gegner zu machen, möchte ich Brad Jersak zitieren. In einem Interview sagte er «die Bibel ist wahr, aber nur Jesus ist die Wahrheit!»
Und es stimmt, während ich mich jetzt an Jesus erinnere und an die vielen Momente mit ihm, wird mein Herz wieder ruhiger. Nicht vollkommen friedlich, aber besser. Ich erinnere mich, dass er die Liebe ist. Dass er sicherlich um mein Unvermögen weiss, dass sich dieses „Geist und Wahrheit-Anbetungskonzept“ für mich einfach nicht erschliesst. Ich erinnere mich an die vielen Momente, in denen Jesus das „Richtig machen“ zweitrangig war und er mir trotz Fehlern bewiesen hat, dass er mich liebt.
Und wisst ihr was, auch meine Erfahrungen sind kein Beweis, dass meine Theologie richtig ist. Ich kann mir dessen nicht sicher sein.
Vor ein paar Monaten wurde mir während einer Prophetischen Weiterbildung plötzlich bewusst, dass wir nur sicher sein müssen, wenn Angst im Spiel ist. Hätte ich keine Angst, müsste es nicht sicher sein.
Eigentlich weiss ich, dass ich mir die Frage nach Richtig und Wahrheit dann stelle, wenn ich Angst habe.
Ich befürchte falsch zu sein, und wenn man falsch ist, wird man nicht geliebt. Und wenn Gott einen nicht liebt, weil man etwas falsch gemacht hat, kommt man bestimmt nicht in den Himmel. Zumindest ist das die logische Konsequenz für mein Herz. Und so geht es mir nicht nur bei Gott. Bei meinem Mann, meiner Familie und meinen Freunden frag ich mich auch manchmal, ob sie mich noch lieben, wenn ich etwas falsch gemacht habe und wieviel Versagen sie verzeihen können.
Und wenn ich mich mal getraut habe, jemandem zu erzählen, dass ich keine ständige 100% Heilsgewissheit habe, hat man mich schockiert angeschaut. Dabei bin ich doch einfach ehrlich. Klar hat das etwas damit zu tun, dass mein Herz, meine Seele nicht ganz gesund sind, aber wessen Seele ist denn ganz gesund? Ich bin sicher, wir haben alle irgendwelche dieser Ängste!
Vor ein paar Wochen habe ich tatsächlich in einem Gespräch behauptete, dass ich mittlerweile immer Heilsgewissheit habe. Jetzt muss ich gerade über mich selber grinsen, denn meine googlelei hat bewiesen, dass ich Angst habe. Angst vor dem Falschsein und den Konsequenzen.
Und noch etwas beschäftigt mich jetzt, während ich das hier schreibe.
Wie können wir überprüfen welche Aussage/ Lehre die Richtige ist? Ist das überhaupt möglich? Gibt es überhaupt «das Richtige»? Für mich sieht es immer mehr so aus, als wolle sich Gott nicht so richtig festlegen. Oder was meint ihr? Wisst ihr bei diesen vielen Widersprüchen genau, was wahr ist?
Durch die vielen Jahre mit Prophetie und das Prüfen von Prophetischen Worten ist mir ein Prüfkriterium sehr wichtig geworden. Wird mir Gott lieber und bringt es mich dazu, ihn mehr anzubeten (bestaunen, fasziniert sein, immer wieder inne halten und ihn bewundern, Respekt/Ehrfurcht haben, …)?
Löst ein Prophetisches Wort oder eine Lehre die zwei Dinge in mir aus, dann lass ich mich darauf ein. Tut es das nicht, deponiere ich es bei Gott und bitte ihn mir Klarheit zu verschaffen.
Hast du auch Themen, wo du sicher sein musst oder Unsicherheit kaum auszuhalten ist? Wovor hast du Angst? Wie überprüfst du, ob etwas stimmt?
Lass es mich wissen …
Liebe Chrissi,
Es ist so toll, diese Texte von dir zu lesen. Es fühlt sich an, wie wenn wir zusammen sitzen und über ein Thema diskutieren… und du weisst ja, wie ich das mag ;)
Das „Richtig machen“ ging mir in den letzten Monaten auch viel durch den Kopf. Seit ich nicht mehr in einer Gemeinde bin, mache ich mir sehr viel Gedanken darüber. Muss ich in einer Gemeinde sein, um „wirklich“ mit Gott unterwegs sein zu können? Muss ich zu Hause ständig Worship-Musik hören, um ein „richtiges“ Leben zu führen?
Ich muss sagen, dass mir Momentan schon nur der Gedanke, einen Gottesdienst zu besuchen, schwerfällt. Ich hatte die letzten Monate öfters den Gedanken, dass ich schon wieder einmal einen Gottesdienst besuchen sollte, weil das doch sonst nich „gut“ sein kann. Einmal hat Jesus mich gefragt, ob ich denn wirklich Lust darauf hätte. Ich musste diese Frage ganz ehrlich mit „nein“ beantworten. Danach habe ich mich so schlecht gefühlt. Was bin ich denn für ein Mensch, wenn ich mir diese Zeit am Sonntagmorgen nicht nehmen möchte, nur für Gott? Danach war ich aber auch stolz auf mich, dass ich die Frage ehrlich beantwortet habe. Das hätte ich mich früher nie getraut, auch wenn ich wusste, dass Jesus die Wahrheit ja kennt.
Mir ist klar geworden, dass ich in meinem Leben bis jetzt mehr mit Predigten konfrontiert worden bin, die sich für mich „falsch“ angefühlt haben. Ich meine jetzt nicht die Predigten, die einem zum Denken bewegen oder die vielleicht auch mal eine oder zwei Grenzen sprengen, die mag ich sogar. Es geht mir um die Predigten, bei denen ich danach das Gefühl habe, dass ich alles falsch mache, dass ich Gott „falsch“ liebe, dass ich falsch denke, fühle, lebe,… Leider haben sehr viele Predigten diese Gefühle bei mir ausgelöst. Deshalb habe ich momentan eher Angst einen Gottesdienst zu besuchen, als dass ich mich darauf freuen würde.
Das hat für mich auch so viel mit der Wahrheit zu tun, wie wir sie wahrnehmen. Ich möchte so leben, wie Gott es möchte und nicht so, wie Menschen mir erzählen, wie Gott es möchte. Oft weiss oder verstehe ich aber nicht, was Gott genau möchte und dann überfordert mich eine Predigt noch mehr. Ich bin in einem Zwiespalt und wenn ich ehrlich bin, weiss ich noch nicht, wie ich da raus komme. Bis dahin mache ich das, was sich für mich richtig anfühlt, auch wenn das heisst, auch mal zu „weltlicher“ Musik wild durch die Wohnung zu tanzen. Ich bin davon überzeugt, dass das nicht grundsätzlich falsch ist. Ich habe in dieser „Gemeindelosen Zeit“ schon viel über mich selbst und Jesus gelernt auf meine ganz eigene Weise. Ich hatte zum Beispiel vor Kurzem ein Gespräch mit Alisha, wo sie mir ganz genau drei Engel, die ihrem Zimmer sind beschrieben hat, in jedem winzigen Detail. Und mit so tollen Gedanken dazu! Ich war total überwältigt, wie viel ich auch von meiner 9-jährigen Tochter lernen kann! Es hat mich weiter gebracht und mehr zum Nachdenken angeregt als einige Predigten zusammen! Ich freue mich sehr, auch noch mehr über Gott zu erfahren, auch wenn der Weg vielleicht „unkonventionell“ scheint. Herzlich, Ramona
Liebe Ramona,
wow, Danke für deine Ehrlichkeit auf dieser Plattform. Das hat mich sehr beeindruckt.
Diese Fragen über Gemeinde, Gottesdienst, Predigten und so weiter beschäftigen mich auch sehr. Und am Wochenende habe ich von vielen Anderen das selbe gehört. Mir scheint, Gott wühlt irgendwie unsere Herzen auf damit wir uns aufmachen ihn und seine Sicht der Dinge zu suchen. Ich schreibe das wohlwissend, dass es wahrscheinlich wieder kein klares Falsch und Richtig gibt bei Gott, für diese Fragen. Könnte es sein, dass es auch da verschiedene Möglichkeiten für verschieden Menschentypen gibt? Je länger ich darüber nachdenke, kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass Gott so unterschiedliche Menschen macht um dann von uns allen zu erwarten, dass sich alle gleich verhalten. Irgendwie macht das für mich keinen Sinn. Aber wie ich schon sagte, ich stell mir all diese Fragen auch und das sind nur Ideen die mir durch den Kopf sausen.
Ich schick dir einen dicken Segen ( was übrigens nichts anderes als „Gott mit dir“ bedeuten soll) für alles Unkonventionelle und deine Suche nach dem was dir entspricht! Einen lieben Gruss an Alisha :-)
Herzlich Chrissi
Hi Chrissi
Ich fand den Blog sehr anregend und gut, danke! Die Suche nach DER Wahrheit hat viel Zeit und Irrungen und Wirrungen in meinem Leben in Anspruch genommen. Eines Tages sass ich in der Wüste von Texas in einem wundervollen Office einer Therapeutin die mir sagte:“ Mach dir keine Sorgen über die Wahrheit. Die Wahrheit ist kine Lehre, kein Dogma, kein Heilmittel. Die Wahrheit ist eine Person. Jesus, in unserem Fall.“ Diese Wahrheit in Person begegnet mir anders als Dir, sie kann nicht als Druckmittel oder Dogma eingesetzt werden. Sie ist ewig und doch wandelbar.
Mit diesem Geheimnis kann ich gut leben und richtig und falsch wird nicht mehr so wichtig. Denn ich bin angstfrei umd geliebt von einer Person. Und als Person liebe ich zurück. Simple Gospel
Liebe Angela,
so ein Gespräch wünsche ich mir auch mal in der Wüste. Klingt genial!
Und es ist so beruhigend, dass die Wahrheit die Person ist, die wir lieben, und von der wir wissen, dass sie uns liebt. Das nimmt schon ein ganzes Stück Angst weg. Zumindest meistens.
Wenn ich in Panik gerate, weil ich nach der Wahrheit google und sie nicht finde braucht es immer eine Weile, bis ich wieder bei der Person ankomme und sich der Sturm in mir legt.
Wie machst du das, wenn ein Sturm aufzieht? Hast du ein paar Tipps?
Herzlich Chrissi
Mensch Chrissi, was für einen genialen, Herz&Gedanken erweiternden Blog hast du denn hier gestartet…!! Find ich ober krass und sei ermutigt: Mach weiter!! Du bist nicht allein in deinem Denken&Fühlen…
Liebe Sarah,
Danke für dein Kompliment….
Genau das ist mein Wunsch für diesen Blog. Dass wir merken, wir sind nicht alleine mit unsern Fragen und Gefühlen.
Die meisten Predigten erzählen nur von Siegen und den Glaubenshelden. Von Heilungen und Wundern.
Das schafft manchmal eher einen Graben zu unsern Herzen, weil es bei uns vielfach nicht so läuft.
Deshalb war ich schon immer ein Fan davon zu erzählen was nicht funktioniert und was mir nicht gut gelingt. Denn darin begegnet mir Gott oft viel mehr.
Ich freu mich sehr, dass du dich für den Newsletter angemeldet hast! Dann höre ich vielleicht bald wieder von dir :-)
Herzlich Chrissi